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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 1 U 9/05
Rechtsgebiete: StBerG, ZPO, BGB, EGBGB, AO


Vorschriften:

StBerG § 68 a.F.
ZPO § 520 Abs. 1
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 203 n.F.
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3 n.F.
BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
BGB § 194 Abs. 1 n.F.
BGB § 214 Abs. 1 n.F.
EGBGB Art. 229 § 6
EGBGB Art. 229 § 12
AO § 220 Abs. 2 Satz 1
AO § 240 Abs. 1 Satz 1
AO § 240 Abs. 1 Satz 4
AO § 361 Abs. 1
1. Verschuldet ein Steuerberater, dass das Finanzamt von seinem Mandanten Säumniszuschläge erhebt, so tritt die für den Beginn der Verjährung nach § 68 StBerG a.F. maßgebliche objektive Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten bereits ein, wenn eine festgesetzte Steuerforderung bzw. Steuernachforderung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet worden ist (§ 240 Abs. 1 Satz 1 AO). Einer gesonderten Festsetzung der Säumniszuschläge bedarf es nicht.

2. Die Fälligkeit einmal verwirkter Säumniszuschläge wird weder durch eine nachträgliche Berichtigung, Änderung oder Aufhebung der Steuerfestsetzung noch durch die Gewährung einer neuen Zahlungsfrist berührt.

3. Dies gilt auch, wenn das Finanzamt, ohne dass eine Aufhebung der Vollziehung der Steuerfestsetzung vorliegt, die Säumniszuschläge nicht einzieht.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 9/05 OLG Naumburg

Verkündet am 13. September 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Zink und die Richter am Oberlandesgericht Kühlen und Wiedemann auf die mündliche Verhandlung vom

13. September 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 2. Februar 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal, 21 O 261/03, wird teilweise verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte wegen ihrer außergerichtlichen Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden bzw. des tatsächlich vollstreckten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Kläger übersteigt 20.000 EUR.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren von der Beklagten Schadenersatz wegen einer fehlerhaften steuerlichen Beratung in den Jahren 1996 und 1997; als Schaden machen sie gegen sie festgesetzte Säumniszuschläge aus einer Einkommenssteuernachveranlagung sowie eigene Aufwendungen für einen anderen Steuerberater in Rechtsbehelfsverfahren, betreffend die Nachveranlagung, geltend.

Die Beklagte, damals noch firmierend unter G. Steuerberatungsgesellschaft mbH in L. , war mindestens seit 1989 Steuerberaterin der Kläger; u.a. beriet sie die Kläger auch im Rahmen der gemeinschaftlichen Einkommenssteuerveranlagung und erstellte die erforderlichen Steuererklärungen.

Im Jahre 1996 beanstandete das für die Kläger zuständige Finanzamt L. , dass die Kläger in geschäftlichen Transaktionen des Veranlagungsjahres 1991 verdeckte steuerpflichtige Veräußerungsgewinne erzielt, aber nicht als Einnahmen versteuert hätten. Mit Bescheid vom 18. Dezember 1996 änderte das Finanzamt den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1991 ab und setzte eine Nachzahlung für die Einkommenssteuer in Höhe von 171.333,00 DM und für den Solidaritätszuschlag in Höhe von 6.424,98 DM fest. Für die Nachzahlung setzte es den Klägern eine Zahlungsfrist bis zum 27. Januar 1997.

Auf Anraten der Beklagten legten die Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 18. Dezember 1996 Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Die Beklagte stellte den Klägern in Aussicht, dass mit einer Aussetzung der Vollziehung zu rechnen sei. Jedenfalls müsse bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nicht gezahlt werden.

Mit Bescheid vom 8. April 1997 bewilligte das Finanzamt hinsichtlich eines Teilbetrages die Aussetzung der Vollziehung; im Übrigen setzte es eine erneute Zahlungsfrist bis zum 18. April 1997. Ab dem 18. April 1997 berechnete das Finanzamt Säumniszuschläge wegen Nichtzahlung desjenigen Teilbetrages, für den keine Aussetzung der Vollziehung angeordnet worden war.

Gegen die teilweise Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung legten die Kläger, vertreten durch die Beklagte, Beschwerde ein, die im Februar 2000 ohne Zulassung eines weiteren Rechtsmittels abgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde im August 2000 zurückgewiesen. Der gesamte Schriftverkehr hierzu war den Klägern persönlich unbekannt. Die Kläger behaupten, dass die Beklagte auf ihre diversen Nachfragen zum Sachstand u.a. auch immer wieder betont hätte, dass es nicht notwendig sei, dass sie - die Kläger - Zahlungen auf die Nachveranlagung leisteten. Die Kläger wurden nach eigenen Angaben erst durch Schreiben des Finanzamts vom 9. Mai 2000 auf die teilweise Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung und mithin auf ihre trotz Rechtsbehelfsverfahrens bestehende Verpflichtung zur Zahlung aufmerksam; mit diesem Schreiben wurde die Zwangsvollstreckung wegen des vollziehbar festgesetzten Teilbetrages der Nachveranlagung angekündigt. Nach Pfändung der Konten der Kläger nahmen diese ein Darlehen auf und beglichen die Forderungen des Finanzamtes. Sie zahlten u.a. auch Säumniszuschläge wegen verspäteter Zahlung der nachveranlagten Einkommenssteuer und des Solidaritätszuschlags für das Jahr 1991 in Höhe von insgesamt 36.176,90 DM (= 18.496,96 EUR) für die Zeit vom 18. April 1997 bis zum 15. August 2000.

Im Einspruchsverfahren erließ das Finanzamt L. am 7. August 2000 einen Teilabhilfebescheid; im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Soweit der Änderungsbescheid des Finanzamtes vom 18. Dezember 1996 sofort vollzogen worden war, blieb er aufrechterhalten. Mit Urteil vom 5. Mai 2004 wies das Niedersächsische Finanzgericht die von den Klägern erhobene Klage gegen die Abänderung des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1991 zurück. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Die Kläger beantragten im Jahre 2000 sowie nochmals im Jahre 2004 den Erlass der Säumniszuschläge; beide Anträge blieben erfolglos.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2001 verkaufte die Beklagte, die ihren Sitz nach S. verlegt hatte, ihre Mandate, darunter dasjenige der Kläger, an die Sch. Steuerberatungsgesellschaft mbH (künftig: neue Steuerberaterin). Die neue Steuerberaterin stellte den Klägern die Vertretung im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung des Änderungsbescheids vom 18. Dezember 1996 sowie im Beschwerdeverfahren sowie die Vertretung im Einspruchsverfahren und im Klageverfahren gegen den Änderungsbescheid jeweils unter dem 20. März 2002 in Rechnung. Sie verlangte insgesamt 12.674,38 EUR.

Die Kläger beauftragten spätestens im Oktober 2001 Rechtsanwälte mit der Prüfung und außergerichtlichen Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Beklagte. Im Mai 2002 verlangte die neue Steuerberaterin im Namen der Kläger eine Schadensregulierung. Es fanden im Mai 2002 verschiedene Gespräche zwischen der Beklagten und der neuen Steuerberaterin der Kläger statt, deren Inhalt zwischen den Parteien des Rechtsstreits streitig ist. Im Ergebnis der Gespräche zeigte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Mai 2002 gegenüber ihrer Haftpflichtversicherung einen möglichen Versicherungsfall an; bei der Abfassung dieses Schreibens unterstützte sie die neue Steuerberaterin. In dem Schreiben an die Versicherung heißt es u.a.:

"Wie eine Überprüfung der Angelegenheit ergeben hat, sind die uns gegenüber erhobenen Vorwürfe leider zutreffend. Mit der Wahrnehmung der steuerlichen Interessen obiger Mandantschaft war in unserer Praxis neben dem Unterzeichnenden ein qualifizierter und zuverlässiger Mitarbeiter, der heute selbst Steuerberater ist, beauftragt. Nach nochmaligem Aktenstudium stellte sich heraus, dass aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen die Steuernachzahlungen nicht zur Fälligkeit dem Mandanten zur Zahlung aufgegeben wurden. Allerdings konnte rekonstruiert werden, dass dem Steuerfestsetzungsverfahren ein umfangreiches Rechtsbehelfs- und Klageverfahren voranging. Bei dem komplexen Sachverhalt wurde offensichtlich der Zahlungsbereich wechselseitig übersehen."

Der vorliegende Rechtsstreit wurde durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen die Beklagte eingeleitet, der am 6. Februar 2003 beim Amtsgericht Lüneburg eingegangen ist. Der Mahnbescheid wurde der Beklagten am 13. Februar 2003 zugestellt.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, sie darauf hinzuweisen, dass der Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 18. Dezember 1996 und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung keine aufschiebende Wirkung gehabt hätten. Hätten sie Kenntnis vom Anfallen von Säumniszuschlägen gehabt, dann hätten sie bereits im Januar 1997 ein Darlehen aufgenommen und die Nachforderungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung im Falle erfolgreicher Rechtsbehelfe beglichen. Die Aufwendungen für die Vertretung in den Rechtsbehelfsverfahren durch die neue Steuerberaterin wären bei zutreffender Beratung über die fehlenden Erfolgsaussichten dieser Rechtsbehelfe nicht angefallen.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Akten des Niedersächsischen Finanzgerichts 2 K 603/01, betreffend das Klageverfahren gegen den Änderungsbescheid vom 18. Dezember 1996, beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Es hat zudem Beweis erhoben über den Inhalt der Gespräche zwischen der Beklagten und der neuen Steuerberaterin der Kläger im Mai 2002 durch Vernehmung des Zeugen Sch. ; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 8. Dezember 2004 (GA Bd. III Bl. 78 bis 83) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht Stendal hat die Klage abgewiesen. Es hat diese Entscheidung z.T. darauf gestützt, dass der Anspruch auf Ersatz der Säumniszuschläge auch unter Berücksichtigung von Sekundäransprüchen verjährt sei. Der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die neue Steuerberaterin sei hingegen schon nicht schlüssig dargelegt, weil diese Kosten den Klägern auch unabhängig vom Wechsel der Steuerberaterin entstanden seien; die neue Steuerberaterin zudem nach Angaben des Zeugen Sch. auf die Geltendmachung dieser Honorare endgültig verzichtet habe und hilfsweise auch insoweit Verjährung eingetreten sei.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 4. Februar 2005 zugestellte Urteil mit einem am 2. März 2005 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz unbeschränkt Berufung eingelegt und innerhalb der ihnen um einen Monat verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch eine Berufungsbegründung eingereicht.

Die Kläger vertreten die Auffassung, dass das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung als Zeitpunkt der Schadensentstehung i.S.v. § 68 StBerG zu Unrecht vom Überschreiten der ersten Zahlungsfrist zum 27. Januar 1997 ausgegangen sei. Da hier allein die Säumniszuschläge als Schaden geltend gemacht werden, sei erst an die Bekanntgabe bzw. Festsetzung der Säumniszuschläge anzuknüpfen, die hier frühestens am 18. April 1997 erfolgt sei. Im Übrigen rügen die Kläger, dass das Landgericht insoweit den Behauptungen der Kläger zu weiteren Pflichtverletzungen - Aufrechterhalten der fehlerhaften Beratung bei späteren Nachfragen - nicht nachgegangen sei.

Hilfsweise greifen die Kläger die tatsächliche Bewertung des Landgerichts an, wonach im Schreiben der Beklagten vom 16. Dezember 2002 kein Anerkenntnis i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. liege und in den Gesprächen der Beklagten mit der neuen Steuerberaterin der Kläger im Mai 2002 keine Verhandlungen i.S.v. § 203 BGB n.F..

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 31.171,34 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 18.496,96 EUR seit dem 15. August 2000 sowie auf weitere 12.674,28 EUR seit dem 13. Februar 2003 zu zahlen.

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist, dass sie die Kläger hinsichtlich der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1991 falsch beraten hat, sie insbesondere nicht darüber belehrt hat, dass sie die festgesetzten Beträge einschließlich Zinsen zum Fälligkeitszeitpunkt 18. April 1997 zahlen müsse.

hilfsweise hinsichtlich der Schadensposition "Aufwendungen für die neue Steuerberaterin",

die Beklagten zu verurteilen, die Kläger gegenüber der Sch. Steuerberatungsgesellschaft mbH in Höhe von 12.674,38 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Senat hat am 13. September 2005 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats von diesem Tage (vgl. GA Bd. IV Bl. ) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger ist teilweise unzulässig. Sie wurde zwar form- und fristgemäß eingelegt, jedoch nur hinsichtlich der Schadensposition Ersatz der Säumniszuschläge begründet. Soweit sie zulässig ist, bleibt sie in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass etwaige Schadenersatzansprüche der Kläger hinsichtlich der von ihnen gezahlten Säumniszuschläge verjährt sind.

1. Die Berufung ist nach §§ 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. 520 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 ZPO teilweise unzulässig, soweit die Kläger den Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen für die neue Steuerberaterin wegen der Vertretung in den Rechtsbehelfsverfahren betreffend die Aussetzung der Vollziehung des Änderungsbescheids vom 18. Dezember 1996 bzw. die Aufhebung des vorgenannten Änderungsbescheids selbst in der Berufungsinstanz weiter verfolgten.

Der Schriftsatz der Kläger vom 4. Mai 2005 zur Berufungsbegründung enthält keinerlei Angriffe gegen die Gründe des erstinstanzlichen Urteils, die sich auf die Abweisung des vorgenannten Schadenersatzanspruchs beziehen. Es werden insoweit weder Rechtsverletzungen noch Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil geltend gemacht noch werden neue Angriffsmittel auch nur bezeichnet.

Der Senat hatte im Hinblick auf die ursprünglich kurzfristige Terminsanberaumung von der Möglichkeit einer teilweisen Verwerfung der Berufung im Beschlusswege (§ 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO) keinen Gebrauch gemacht.

2. Die im Übrigen zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.

Die Kläger können einen etwa bestehenden Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der von ihnen gezahlten Säumniszuschläge in Höhe von 18.496,96 EUR jedenfalls nicht mehr gerichtlich durchsetzen, denn der Anspruch ist verjährt, d.h. die Beklagte ist befugt, die Leistung ungeachtet dessen zu verweigern, §§ 194 Abs. 1, 214 Abs. 1 BGB n.F.. Die Verjährung trat am 27. Januar 2003 ein. Die Einleitung des Rechtsstreits durch Einreichung eines Mahnbescheidsantrags am 6. Februar 2003 war nicht geeignet, die Verjährung rechtzeitig zu hemmen.

2.1. Zur s.g. Primärverjährung:

Hinsichtlich eines etwa bestehenden Schadenersatzanspruches wegen der Zahlung von Säumniszuschlägen ist die Verjährung bereits am 27. Januar 2000 vollendet gewesen.

a) Auf den vorliegend geltend gemachten Schadenersatzanspruch ist hinsichtlich der Verjährung die Vorschrift des § 68 StBerG a.F. anwendbar, weil der Anspruch am 15. Dezember 2004 bereits verjährt war, Art. 229 §§ 12 i.V.m. 6 EGBGB.

Nach § 68 StBerG a.F. beträgt die Verjährungsfrist für vertragliche Schadenersatzansprüche des Mandanten gegen seinen Steuerberater, wie sie hier die Kläger gegen die Beklagte geltend machen, drei Jahre und beginnt mit der Entstehung des Anspruchs. Der Anspruch entsteht, sobald sich eine objektive Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten - im Unterschied zu einer bloßen Vermögensgefährdung - ergibt. Auf die subjektive Kenntnis des Mandanten vom Schadenseintritt kommt es nicht an (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Urteil v. 23. April 2001, 1 U 16/01, m.w.N.; zuletzt Beschluss v. 13. Juni 2005, 1 U 33/04, m.w.N.). Gegen diese allgemeinen Maßstäbe wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung nicht.

b) Verschuldet ein Steuerberater, dass das Finanzamt von seinem Mandanten Säumniszuschläge erhebt, so tritt die für den Beginn der Verjährung nach § 68 StBerG a.F. maßgebliche objektive Verschlechterung der Vermögenslage des Mandanten bereits ein, wenn eine festgesetzte Steuerforderung bzw. Steuernachforderung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet worden ist.

Im vorliegenden Fall war der erste Säumniszuschlag bereits am 28. Januar 1997 verwirkt. Der Änderungsbescheid vom 18. Dezember 1996 enthielt ein Leistungsgebot, nämlich Zahlung der Einkommenssteuer- und Solidaritätszuschlagsnachforderungen bis zum 27. Januar 1997. Die Kläger haben die Nachforderung bis zu diesem Tage nicht beglichen. Nach §§ 240 Abs. 1 Satz 1, 220 Abs. 2 Satz 1 AO werden Säumniszuschläge kraft Gesetzes mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der Säumnis fällig. Einer gesonderten Festsetzung von Säumniszuschlägen bedarf es entgegen der Auffassung der Kläger nicht.

Die dreijährige Verjährungsfrist endete mithin am 27. Januar 2000.

c) Sowohl der Einspruch der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 18. Dezember 1996 als auch der vor Ablauf der mit dem Bescheid der Zahlungsfrist gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung haben die Entstehung der Säumniszuschläge ab dem 28. Januar 1997 nicht verhindert.

Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung, § 361 Abs. 1 AO. Im Übrigen kommt es für die Verwirkung der Säumniszuschläge allein darauf an, ob und ab welchem Zeitpunkt die Vollziehung des Steuerbescheids über die rückständigen Steuerbeträge tatsächlich ausgesetzt worden ist. Eine etwaige nicht realisierte Aussetzungszusage ist für die kraft Gesetzes entstehenden Säumniszuschläge dagegen ebenso unerheblich wie die Frage, ab welchem Zeitpunkt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung vorgelegen haben (vgl. nur BFH, jeweils 7. Senat, Beschluss v. 4. Februar 2000, VII B 235/99). Vor dem 28. Januar 1997 ist über den Antrag der Kläger auf Aussetzung der Vollziehung noch nicht entschieden worden. Eine teilweise Aussetzung der Vollziehung ist erst am 8. April 1997 bewirkt worden. Für den tatsächlichen vollzogenen Teil des Änderungsbescheids vom 18. Dezember 1996, der den Ausgangspunkt der geltend gemachten Schadensposition bildet, ist eine Aussetzung der Vollziehung sogar endgültig abgelehnt worden.

d) Die Fälligkeit der einmal verwirkten Säumniszuschläge wurde hier auch nicht durch den Bescheid des Finanzamtes vom 8. April 1997 berührt.

Zwar wurde den Klägern mit diesem Teilabhilfebescheid eine neue Zahlungsfrist für die später tatsächlich vollzogene Einkommenssteuer- und Solidaritätszuschlagsnachzahlung bis zum 18. April 1997 gesetzt. Nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben eine nachträgliche Aufhebung, Änderung bzw. Berichtigung der Steuerfestsetzung jedoch ohne Auswirkungen auf die bereits entstandenen Säumniszuschläge, d.h. auf die hier in der Zeit vom 28. Januar 1997 bis zum 7. April 1997 fällig gewordenen Säumniszuschläge. Eine gesetzliche Fälligkeit kann nicht durch Gewährung einer neuen Zahlungsfrist verändert werden (vgl. Rüsken in: Klein, AO, 7. Aufl. 2000, § 220 Rn. 11, § 240 Rn. 23). Dies ergibt sich auch aus dem Zweck des Säumniszuschlages. Dieser dient dazu, der Finanzbehörde eine Gegenleistung für das Hinausschieben einer Steuerzahlung zu gewähren und zugleich als Druckmittel zur Durchsetzung von titulierten Zahlungsansprüchen des Fiskus die Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anzuhalten. Der Steuerzuschlag wird mithin schon wegen des "Steuerungehorsams" des Steuerpflichtigten erhoben und ist deshalb mit Verzugszinsen i.S. des BGB, deren Verwirkung durch Nachfristsetzung entfallen kann, nicht gleichzusetzen (vgl. BFH, jeweils 7. Senat, Urteil v. 22. April 1975, VII R 54/72; Urteil v. 13. Januar 2000, VII R 91/98 = BFHE 191, 5 = BB 2000, 914; BFH, 9. Senat, Beschluss v. 29. Oktober 2004, IX B 81/04, m.w.N.).

e) Die Entstehung von Säumniszuschlägen kann für die Vergangenheit nur durch eine Aufhebung der Vollziehung des Steuerbescheids beseitigt werden (ständige Rechtsprechung BFH, vgl. nur 7. Senat, Beschluss v. 10. Oktober 2002, VII S 28/01, und Beschluss v. 10. Mai 2002, VII B 244/01 = DstRE 2002, 1278; auch Rüsken, a.a.O., § 240 Rn. 19, jeweils m.w.N.). Eine solche ist hier unstreitig nicht erfolgt.

f) Dem stehen die von den Klägern zitierten Entscheidungen von Zivilgerichten nicht entgegen.

Der Bundesgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass eine objektive Verschlechterung der Vermögenslage eines Mandanten bereits eingetreten ist, wenn ein Schaden dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch noch nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird (s.g. "Risiko-Schaden-Formel", vgl. nur Zugehör in: Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rn. 1234 m.w.N.). Der Anspruch der Finanzverwaltung auf Erhebung von Säumniszuschlägen war am 28. Januar 1997 entstanden, und zwar als ein erster Teilschaden ein Betrag von 1 % des abgerundeten Festsetzungsbetrages für den ersten angefangenen Monat der Fristüberschreitung. Für den Beginn der Verjährung kommt es hingegen nicht darauf an, ob und ggf. aus welchen Gründen das Finanzamt später auf die Einziehung der Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 28. Januar 1997 bis zum 7. April 1997, also für drei angefangene Monate, verzichtet und sich dadurch der Schaden der Kläger nicht verfestigt hat. Eine solche wertende Betrachtung ist auch im Interesse der Rechtsklarheit geboten, welches die Anknüpfung an einen eindeutig zu bestimmenden, nachträglich nicht manipulierbaren Zeitpunkt für den Schadenseintritt erfordert.

In der von den Klägern zitierten Entscheidung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 1991 (u.a. MDR 1991, 727 = WM 1991, 814) geht es im Kern um die Frage der Beweislast für etwaige auszugleichende Vermögensvorteile des Mandanten im Rahmen eines Rechtsstreits wegen Steuerberaterhaftung. Die Verjährungsfrage wird lediglich im Hinblick auf die noch fehlende Entscheidungsreife des Rechtsstreits angesprochen (vgl. Abschnitt IV der Entscheidungsgründe). Der Hinweis lässt eine eindeutige Schlussfolgerung in dem von den Klägern angenommenen Sinne schon nicht zu. Im Zusammenhang mit der verkürzten Darstellung des Sachverhaltes kommt es in Betracht, dass im dort entschiedenen Fall lediglich die Umsatzsteuer für 1980 festgesetzt worden war, diejenige für die Jahre 1981 und 1982 mangels Umsatzsteuererklärungen aber noch nicht, ggf. auch nicht im Wege der Schätzung.

Die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (neben dem Urteil v. 5. Februar 2002, 23 U 22/01 = OLGR Düsseldorf 2003, 52, ebenso Urteil v. 29. Oktober 2002, 23 U 205/01 = OLGR Düsseldorf 2003, 282, und ähnlich Urteil v. 9. Januar 2004, 23 U 34/03) vermag die Auffassung der Kläger nicht zu stützen, weil dort gerade von einem Beginn der Verjährung auch der unselbständigen steuerlichen Nebenkosten, wie z.B. der Säumniszuschläge, mit Bekanntgabe des Bescheides zur Steuerhauptschuld, z.T. in Form eines Steuerschätzungsbescheides, ausgegangen wird. Die Entscheidungen sind jedoch hier nicht einschlägig, weil sie sich auf Fallgestaltungen beziehen, in denen ein Teilschaden bereits in der nachteiligen Festsetzung der Steuerhauptschuld besteht, so dass es auf den - u.U. späteren - Zeitpunkt der Entstehung der Säumniszuschläge schon deshalb nicht ankommt.

g) Schließlich ist im Hinblick auf die Verjährung des primären Schadenersatzanspruches auch unerheblich, ob die Beklagte die im Dezember 1996 bzw. Januar 1997 begangene Pflichtverletzung später wiederholt hat. Denn für den Beginn der Verjährung ist allein die Entstehung des ersten Teilschadens relevant, wie vorausgeführt.

2.2. Zur s.g. Sekundärverjährung

Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf die s.g. Sekundärhaftung des Steuerberaters berufen. Danach verjährt ein Anspruch nicht, wenn der Steuerberater, der später Veranlassung zur Überprüfung seiner fehlerhaften Beratung hatte, den Mandanten nicht auf die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruches und dessen kurze Verjährungsfrist hinweist (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 23. April 2001, 1 U 16/01, m.w.N.). Der Senat unterstellt zugunsten der Kläger, dass die Beklagte auch kurz vor Ablauf der primären Verjährungsfrist Veranlassung zu einer solchen Prüfung hatte. Selbst dann war die Verjährung des Sekundärhaftungsanspruchs nach Ablauf von drei Jahren ab Vollendung der Primärverjährung zum 27. Januar 2003 vollendet.

2.3. Der Eintritt der Verjährung ist nicht rechtzeitig gehemmt oder unterbrochen worden.

a) Entgegen der Auffassung der Kläger hat die Beklagte kein Anerkenntnis i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. abgegeben. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Schreiben der Beklagten an ihre Haftpflichtversicherung vom 16. Mai 2002 kein Anerkenntnis darstellt, sondern seinem Bedeutungsgehalt nach lediglich eine Schadensanzeige an die Versicherung. Diese tatsächliche Wertung wird unterstützt durch die näheren Umstände der Abfassung des Schreibens. Der Zeuge Sch. hat in seiner Vernehmung ausdrücklich erklärt, dass seine Gespräche mit dem Geschäftsführer der Beklagten dazu dienten, die Haftpflichtversicherung der Beklagten mit der Sache zu befassen, weil diese auch aus Sicht der Kläger die einzig in Betracht kommende Verhandlungspartnerin für eine einvernehmliche Schadensregulierung war.

b) Aus gleichen Gründen sind die Gespräche des Zeugen Sch. mit dem Geschäftsführer der Beklagten im Mai 2002 auch nicht schon als Verhandlungen i.S.v. § 203 BGB n.F. aufzufassen.

Allerdings verkennt der Senat nicht, dass der Begriff der Verhandlungen i.S.v. § 203 BGB n.F. weit auszulegen ist, d.h. dass grundsätzlich jeder Meinungsaustausch über den Anspruch, seine Berechtigung oder seine tatsächlichen Grundlagen genügt. Im Ergebnis der Beweisaufnahme in erster Instanz, welches der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist im vorliegenden konkreten Fall jedoch festzustellen, dass sowohl das Ziel der Gespräche, als auch deren Inhalt, soweit sich die Gespräche überhaupt auf die Schadenersatzansprüche der Kläger bezogen haben, als auch letztlich das Ergebnis der Gespräche zwischen dem Zeugen Sch. und dem Geschäftsführer der Beklagten allein darin bestand, die Beklagte zur Anzeige des Versicherungsfalls gegenüber ihrer Haftpflichtversicherung zu bewegen und ggf. sogar das Absenden der Anzeige zu kontrollieren. Der Zeuge Sch. hat ausdrücklich bekundet, dass es ihm nicht um eine Erörterung der Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche ging, sondern ausschließlich darum, die Beklagte intern in ihrem Versicherungsverhältnis zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten anzuhalten, um die Leistungspflicht der Haftpflichtversicherung der Beklagten nicht zu riskieren. Die Angaben des von den Klägern benannten Zeugen Sch. sind in ihrem Gesamtzusammenhang nachvollziehbar, dies insbesondere unter Berücksichtigung des atypischen Umstandes, dass die neue Steuerberaterin wegen der Übernahme und -fortführung des Mandats der Kläger - anders als z.B. deren seit Oktober 1991 mit der Verfolgung des Regressanspruchs beauftragten Rechtsanwälte - auch ein Eigeninteresse daran hatte, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten eingeschaltet wird. Die Angaben des Zeugen Sch. stimmen schließlich auch mit den objektiven Ergebnissen der Gespräche, insbesondere mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. Mai 2002, überein. Hätte der Zeuge Sch. diese Gespräche zumindest auch mit der Intension einer Verhandlung über den Anspruch für die Kläger geführt, wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, ein Schreiben gleichen Wortlauts und ausdrücklich an die Kläger adressiert zu fertigen.

Ergänzend wird auf die zutreffenden und durch das Berufungsvorbringen nicht entkräfteten Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung in der angefochtenen Entscheidung (v.a. UA S. 12 bis 14) Bezug genommen, die sich der Senat zu Eigen macht.

c) Die Verjährung ist schließlich nicht rechtzeitig durch die Rechtsverfolgung i.S.v. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F., also durch die Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte, gehemmt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährung auch des Sekundärhaftungsanspruchs bereits vollendet.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nrn. 7 und 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Ende der Entscheidung

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